Johann Julian Taupe

Galerie Gans, Wien

18. Juni 2019

Johann Julian Taupe ist ein Maler, der gerne und viel produziert, aber weniger gerne und viel darüber spricht. Und zwar aus dem einfachen Grund, dass er selbst nicht so genau erklären kann, was er da tut und warum. Das Malen gehört einfach zu ihm, wie seine Gedanken und seine inneren Organe. Malerei war und ist für ihn keine Entscheidung, sondern Notwendigkeit. Sie kommt aus seinem tiefsten Inneren und ist purer Ausdruck seiner selbst. Würde uns jemand fragen, warum unsere Stimme so klingt, wie sie klingt, oder warum wir Worte so aussprechen, wie wir es tun, würden wir wohl auch eher sprachlos werden.

Galerie Gans, Ausstellungsansicht J.J. Taupe, 2019. Foto: Galerie Gans

Taupe malt aus einem unbändigen Drang heraus, mit dem Ziel, Bilder zu schaffen, die, wie er sagt „passen“ oder „richtig sind“. Warum und wann sie richtig sind, kann Taupe wiederum nicht erklären. Es gibt keine festgelegten, in Worte fassbare Parameter, die hier angewandt werden.
Es sind tief aus seinem Inneren kommende, ganz unintellektuell generierte Regeln, nach denen er zeichnet und malt. Sie zeigen sich, er fühlt sie. Es ist ein absichtsloses Geschehen lassen, eine innere Logik und Notwendigkeit, ein sich der Malerei, dem Material und dem Ausdruck Hingeben, (das sich jenseits des Intellekts abspielt.) Dieses „Taupe-Prinzip“, dem alle Arbeiten gehorchen, sorgt dafür, dass man „einen Taupe“ sofort als einen Taupe erkennt, und das, obwohl die Ausdrucksweisen durchaus stark differieren, ja einander geradezu widersprechen, und vielseitig sind:
Kontrolliert – wild. Dicht – licht. Transparent – opak. Klar – diffus. Geometrisch – organisch. Grob – fein. Groß – klein. Begrenzt, ausufernd. Bunt – weiß. Flächig – räumlich. Komponiert – dekonstruiert.
Christine Wetzlinger-Grundnig nennt das eine „dissonante Ordnung voller Widersprüchlichkeiten“.

Johann Julian Taupe ist jedenfalls ein ungegenständlicher Maler, aber das heißt nicht, dass dabei ausschließlich ungegenständliche Bilder entstehen müssen. Manche Kombinationen von Formen und Farben lösen beim Betrachter – und auch beim Maler – Assoziationen zu Gegenständen oder Landschaften aus. Solche Konkretisierungen sind von Taupe zwar unbeabsichtigt und nur durch Zufall entstanden, aber nicht verboten.

Galerie Gans, Ausstellungsansicht J.J. Taupe, 2019. Foto: Galerie Gans

Überhaupt ist bei Taupe für den Betrachter nichts verboten. Es gibt keine Vorgaben, was man im Bild zu sehen hat und was nicht. Weder Titel noch Aussagen des Künstlers selbst liefern einen Schlüssel zur Interpretation.

Mit einem Bild von Taupe im Haus wird einem jedenfalls sicher nie fad. Denn dadurch, dass der Inhalt, die Interpretation des Gemalten nie festgelegt ist, bleibt es variabel und lädt immer wieder ein, es neu zu betrachten. Und ganz ohne Anstrengung, sondern je nach der eigenen Stimmung und Gefühlslage wird man immer wieder etwas anderes in dem Bild finden. Ja, man könnte es gar zu einer Übung machen, sich jeden Tag vor das Bild zu stellen und „hineinzuschauen“ wie in einen Spiegel, der jedoch nicht unser Äußeres, sondern das Innere reflektiert. Was sehe ich heute und warum? Macht mich das Bild fröhlich z.B. ob seiner Farben, oder regt es mich auf, weil es mir nicht hilft, es zu entschlüsseln? Interpretiert mein Gehirn Gegenständliches in das Gesehene, und wenn ja, was? Ist, was gestern noch ein Swimmingpool war, heute schon zu einer Wolke verdunstet, und sieht die gestern alles verzehrende Feuersbrunst heute eher aus wie eine saftig frische Wassermelone?

Bei Taupes Bildern ist für den Betrachter alles möglich – es gibt keine falsche Interpretation, dafür unendlich viele Richtige. Und das ist wunderbar: bei Taupe kann man nichts falsch machen! Man braucht keine Angst haben, sich mit einer Aussage über ein Bild zu blamieren. Jeder kann ein Taupe-Experte sein, so lange er keinen Anspruch auf die Alleingültigkeit seiner Sichtweise stellt.