Armin Guerino: Ultramarin

Ausstellungankündigung BV-Galerie, Klagenfurt
8.—25.10.2018

veröffentlicht in: Die Brücke. Kärntens Kulturzeitschrift, Nr. 9/5, 2018, S. 32.

…ein Ausstellungstitel, der hauptsächlich blaue Bilder erwarten lässt. Doch weder verwendet Armin Guerino besonders viel blau, noch bezieht sich die Bezeichnung „Ultramarin“ ausschließlich auf diese Farbe. Das überrascht, scheint „Ultramarin“ doch das ultimative Blau zu beschreiben. Yves Klein-Blau. Maria Mutter Gottes-Umhang-Blau. Oder eben intensives Meeresblau. Mit meinem Schullatein erklärte ich mir, dass es wohl etwas wie „extremes Meeresblau“ bedeuten müsse (von lat. ultra: „extrem, äußerst, radikal“ und lat. marin: „auf das Meer bezogen“). Aber weit gefehlt. Die Wortkonstruktion hat ihre Wurzel in der zweiten Bedeutung des Wortes ultra: „jenseits von….“ und meint somit „von jenseits des Meeres; über das Meer“. Denn einst wurden die wertvollen Mineralien, aus denen die Farben erzeugt wurden, aus der Ferne, von jenseits des Meeres nach Europa transportiert. Der Name hat also nichts mit der Farbe des Meeres zu tun, sondern mit der exotischen Herkunft des kostbaren Rohstoffs und bezeichnet dementsprechend nicht nur blaue Farbtöne, sondern auch andere Pigmente, die aus Übersee zu uns gebracht wurden. So gibt es neben Ultramarinblau auch Ultramaringrün, -violett und -rot.

Das besonders kostbare Ultramarinblau, zeitweise für wertvoller als Gold erachtet, wurde aus Lapislazuli hergestellt, einem Gestein, das in einer besonders blauen, weil stark lasurithaltigen, Qualität weltweit ausschließlich in Nord-Afghanistan gefunden wurde.

Heute können sämtliche Ultramarin-Farbtöne künstlich hergestellt werden – das „blaue Gold“ spielt im Welthandel keine Rolle mehr. Wäre „Ultramarin“ eine Wortkreation der heutigen Welt, würde es wohl kaum einen begehrten Rohstoff wie Erdöl bezeichnen. „Über das Meer“ kommen in der heutigen Wahrnehmung nämlich nicht begehrte Waren, sondern ein „Problem“: Menschen. Die Rohstoffe ihrer Herkunftsländer nehmen wir, aber Verzweifelte, die in der Hoffnung auf Leben den Tod riskieren? Die überlassen wir dem Meer …

Im Ausstellungstitel „Ultramarin“ spiegelt sich die Vielschichtigkeit von Guerinos Schaffen, seiner Inspirationsquellen und Geisteswelt wider. Erwarten Sie keine Ausstellung ausschließlich blauer Bilder, sondern ein Spektrum, das so weit ist wie die verschiedenen Assoziationsmöglichkeiten von „Ultramarin“. Armin Guerino ist fasziniert von Farben und vom Meer. Übersee liegen nicht nur (ursprünglich) die Fundorte wertvoller Farbpigmente sondern auch Fundorte der geistigen Welt Guerinos. Ägypten und seine Mythologie zum Beispiel. Aber auch direkt auf der Meeresoberfläche zeigen sich Farbphänomene, die den Maler auch in seinen Bildern interessieren. Welche Farbe hat das Meer?

 

Guerinos Bilder sind „ultramarin“: sie sind das Meer, das Überseeische, die Flucht, das Kostbare, das Politische, das Rot, das Blau, das Grün, das Violett und alle anderen Farben, das Problem, der Tod, die Hoffnung, die Ebbe und die Flut, das Überleben, die Ferne, der Horizont, die Reflexion, die Oberfläche, die Tiefe, das Ertrinken, das Fließen und Strömen (stream of consciousness), der (Meeres)spiegel und noch vieles weitere mehr.